Rusalonka aus der 7b oder der Fluch der Familie Kulakiwskyj (Jugendbuch)
Wie hatten sie die Abende in ihrer früheren Wohnung geliebt! Mama hatte Märchen vorgelesen, von der Bettkante waren Sternen-Vögel aufgeflogen, und das enge Zimmerchen schien ein ruhiges Nest zu sein…
Hier war es ganz anders. Vielleicht, weil es ungewohnt war: Sie waren erst vor drei Monaten umgezogen. Die Möbel schienen nachts heimtückisch und böse. Das Parkett quietschte unverhofft. Und Stille drang ins Ohr wie Wasser. Den Kopf bedecken, die Augen schließen… Nicht sehen, wie sich in den Ecken die Finsternis sammelte, nicht hören, wie die Stummheit sich gleichwohl schwer auf die Brust legte. Nicht bemerken, wie der Schrank die Ohren spitzte, wie er unheilverkündend am Boden klebte. Noch dazu käme Papa erst in zwei Tagen von seiner Dienstreise wieder. Ohne ihn waren die Abende hier noch beängstigender… Wäre nicht der einsame Klang ferner Züge gewesen und das sorglose Quaken der Frösche irgendwo im Alexandersumpf …
Plötzlich rannte jemand durch die Wohnung unter ihnen. Jemand tollte wie ein Kind durch die Zimmer. Allein wie die Türen knallten! Auf dem Körper bildete sich Gänsehaut und die Haare standen ihr zu Berge. Zum Rennen gesellten sich die schweren Schritte einer alten Person und das Scharren, Ächzen und Klopfen eines Stocks.
Sofia vergrub sich immer tiefer in die Kissen. Vielleicht waren die Nachbarn zurückgekehrt? Sie waren für ein halbes Jahr weggefahren. Konnte doch sein? Heute verdienst du auch in Moskau nicht viel. Dann waren sie eben zurückgekommen, keine zwei Monate dort geblieben… Sie stürzte sich auf ihren abgerissenen Kalender: Vollmond! Das letzte Mal auch… Diese seltsamen Vorfälle ereigneten sich immer bei Vollmond!!! Oder bildete sie sich das vielleicht nur ein? Sofia hatte von Leuten gelesen, die vom Mondlicht beeinflusst werden. Aber warum war es dann … in ihrer alten Wohnung ruhig gewesen?
„Ha-ha-ha!!!“, ertönte es dünn, wie unterdrückt, von unten.
Ohne nachzudenken, rannte sie ins Schlafzimmer:
„Mami, Mami, sie sind wieder da!…“
Mama schlief auch nicht. Sie drückte ihre Tochter an sich und umklammerte die Wiege mit dem Sohn. So saßen sie, eng umschlungen. Und dort klopfte es, lachte, schluchzte…
Bis der Morgen hinter den Fenstern graute und in der rätselhaften Wohnung ein ferner Pfiff ertönte: Plötzlich war alles still.
Genauso plötzlich, wie es begonnen hatte.