Babyn Jar. Stimmen - Marianna Kijanowska
In Babyn Jar, einer Schlucht bei Kiew, wurden Ende September
1941 mehr als 33 000 Kiewer Juden von den deutschen Einsatzgruppen, der
Wehrmacht und lokalen Helfern erschossen. Das Hier und Jetzt jener endlosen
Tage verwandelt die ukrainische Lyrikerin Marianna Kijanowska in eine nicht
mehr weichende Gegenwart. Die 67 Gedichte ihres Zyklus, die »Stimmen«, sind
fiktive Selbstaussagen von Kiewer Bürgern, die durch die Straßen getrieben
wurden, aber auch von anderen, die am Fenster standen oder von ferne die Schüsse
hörten.
Das Buch ist in vieler Hinsicht einzigartig und wird Anlass
zu Diskussionen geben. Der wohl bedeutsamste Aspekt: Eine nicht-jüdische
Ukrainerin klagt und erinnert an die Kiewer Juden, deren Ermordung erst nach
und nach den Platz in der Erinnerungskultur der heutigen Ukraine einnimmt. Ihr
Gedichtzyklus ist ein Monument aus Stimmen – visionär und verfremdend zugleich.
Gedichte. Ukrainisch und deutsch
Aus dem Ukrainischen von Claudia Dathe.
155 S.
Suhrkamp 2024.